Historie der Reihe Bocholt

Einleitung

Im heutigen Stadtgebiet Bocholt werden seit (mindestens) 1901 Niederschlags- und seit 1947 Klimamessungen durchgeführt. Die digital verfügbaren Reihen beginnen (zurzeit, Stand 2024) beim Niederschlag im Juli 1901 (als Monatswerte; Tageswerte erst ab 01.01.1941) und am 01.01.1947 für sämtliche Klimaparameter (Temperatur, Feuchte, Sonnenschein). Damit gehört die Reihe Bocholt (nach der Reihe Kleve) zu den längsten, derzeit noch weitergeführten Messreihen der Region (wenn man die privaten Messungen als anschlussfähig mit einbezieht).

Historie der Teilreihen

Die digital verfügbare Niederschlagsreihe in Bocholt beginnt im Juli 1901. Vermutlich gab es auch im späten 19. Jahrhundert (ab ca. 1882) bereits Messungen im Raum Bocholt, da der Preßische Wetterdienst zu dieser Zeit zahlreiche Stationen einrichten ließ. Zu dieser Zeit wurde der noch heute gebräuchliche Niederschlagsmesser von Gustav Hellmann entwickelt. Die Messungen erfolgten ggf. an wechselnden, nicht genau dokumentierten Standorten, sind oft lückenhaft und ungenau. Daher sind diese nicht digitalisiert.

Die Messungen ab 1901 erfolgten in Nähe des Bocholter Stadtzentrums, vermutlich im nördlichen Stadtbereich an der heutigen Rebenstraße.

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Zum 01.01.1954 erfolgte die Einrichtung einer hauptamtlichen Wetterwarte inmitten der Bocholter Stadt am heutigen Mariengymnasium direkt an der Bocholter Aa. Aufgrund sich verschlechternder Messbedingungen durch die den steigenden Versiegelungsgrad in unmittelbarer Stationsnähe wurde die Wetterwarte zum 01.09.1974 zum Wasserwerk nach Bocholt-Liedern verlegt. Dort wurden die Beobachtungen beinahe 30 Jahre lang durch hauptamtliche Wetterbeobachter durchgeführt.

Die Station Bocholt-Liedern wurde bereits zum 01.08.2002 vollständig automatisiert und die Wetterbeobachter abgezogen. Damit ging zum einen ein Wegfall der Augenbeobachtungen (beinhaltet Parameter wie Gewittertage, Schneehöhe, Niederschlagsart) einher, zum anderen traten in der Folgezeit häufig Messausfälle auf.

Im Rahmen einer Umstrukturierung des Messnetzes erfolgte zum 28.02.2006 die Auflösung des Standortes Bocholt und die Einrichtung einer neuen hauptamtlichen automatischen Wetterstation in Ahaus. Der neue Standort in Ahaus aufgrund der großen Entfernung von knapp 40 km allerdings nur schlecht mit Bocholt-Liedern vergleichbar.

Gründe für die Aufgabe des Standortes Bocholt waren die Nähe zur Klimastation Kleve (Klimareihe seit 1848; allerdings mit vielen Verlegungen) und Bundeswehr-Station Kalkar (Niederrhein), die ins DWD-Messnetz eingebunden werden sollte. Am 01.06.2004 wurde außerdem eine neue nebenamtliche Klimastation in Borken-Gemenkrückling eingerichtet. Die Bundeswehr-Station Kalkar wurde in den Folgejahren allerdings doch nicht ins Messnetz übernommen und im Rahmen der Bundeswehrreform im 2013 endgültig aufgelöst.

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Problematisch in der Bocholter Klimareihe ist die Tatsache, dass die Standorte der Stationen im Laufe der Zeit mehrmals gewechselt haben – zwischen einer ländlichen Lage in Bocholt-Liedern und einer städtischen im Bocholter Zentrum. Die Temperatur zeigt in der Stadt vor allem im Sommerhalbjahr ein anderes Verhalten als im freien Umland (städtische Wärmeinsel). Dadurch kommt es innerhalb der Gesamtreihe zu Brüchen, die die Vergleichbarkeit einschränken. Nur durch Homogenisierungen lassen sich die an den unterschiedlichen Standorten gemessenen Daten hinreichend gut miteinander vergleichen.

Mehrjährige Parallelmessungen (2002-2004, 2010-2012) an beiden Standorten haben ergeben, dass die Temperatur-Differenz im Jahresmittel bei 0,4 Kelvin liegt. Im Monatsmittel schwanken die Unterschiede zwischen ca. 0,2 K in den Monaten November, Dezember und Januar und und ca. 0,6 K in den Sommermonaten Juli und August. Diese Werte stellen vieljährige Mittelwerte dar. Die Temperaturunterschiede sind bei austauscharmen Hochdruckwetterlagen am größten, sodass sich in Einzelmonaten mit einer großen Häufigkeit solcher Wetterlagen größere monatliche Differenzen bis 0,8 K ergeben haben. Die größten Unterschiede gibt es im Sommer in der abendlichen und nächtlichen Abkühlungsphase, wo es an der Stadtstation teilweise 3-4 K wärmer sein kann, und im Winter bei Auskühlung über einer Schneedecke (ähnliche Größenordnung).

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Literatur

– Heinrichs, Paul (1965): Bocholts höchste Behörde, die Wetterwarte. In: Unser Bocholt, Zeitschrift für Kultur und Heimatpflege, 16 (1965), Heft 1, S. 27-30.

– Heinrichs, Paul (1975): Das Stadtklima, der Grund für die Verlegung der Wetterwarte Bocholt nach Liedern. In: Unser Bocholt, Zeitschrift für Kultur und Heimatpflege, 26 (1975), Heft 4, S. 15-17.

– Rochner, Wilhelm (1984): Dwww 10406: Deutscher Wetterdienst, Wetterstation Bocholt. In: Unser Bocholt, Zeitschrift für Kultur und Heimatpflege, 35 (1984), Heft 4, S. 59-66.